attac Bremen
Arbeitsgruppe
global-fatal?

 

 

 

 

Zur

Übersicht

Eine Besprechung des Buches von Saral Sakar „Die nachhaltige Gesellschaft. Eine kritische Analyse der Systemanalysen. Rotpunktverlag Zürich 2001  ISBN 3-85869-227-1


Die Besprechung beschäftigt sich mit dem Schwerpunkt „Ökosozialismus“, der auch für Sarkar die richtige Lösung ist.

 

 

 

 

 

Dieses Dokument gehört zu den Texten für das Seminar „Glaubwürdige Alternativen zum globalisierten Kapitalismus“
15./11.2002

siehe Übersicht

Einleitung: 2

Einige grundsätzliche Standpunkte: 2

Nachhaltigkeit: 2

Öko-Sozialismus: 2

Bedürfnisse  2

Arbeitslosigkeit, Vollbeschäftigung   2

Soziale Sicherheit, Bevölkerungskontrolle  2

Gleichheit, Ungleichheit, Klassenunterschiede  2

Das Motivationsproblem   2

Wirtschaft, Staat, Planung   2

Privates Unternehmertum?  2

Verteilung, Markt, Rationierung   2

Dritte Welt, Erste Welt, Internationalismus  2

Kleine Einheit, große Einheit, Herrschaft, Demokratie  2

Öko- Diktatur?  2

Öko- sozialistische Politik für heute und morgen  2

 

 

Einleitung:

Der Zusammenbruch des „Sozialismus“ mit dem Fall der Mauer hat bei vielen politisch engagierten, linken Menschen Enttäuschung hervorgerufen. Nicht alle diese Enttäuschten haben den real existierenden „Sozialismus“ für sozialistisch gehalten. Aber es gab bei vielen die Hoffnung, daß sich diese Gesellschaften zumindest in die Richtung des sozialistischen Ideals entwickeln konnten. Oder man hoffte, daß es den chinesischen, albanischen oder nordkoreanischen Kommunisten gelänge, eine wirkliche kommunistische Gesellschaft zu bleiben oder zu werden. Doch seit 1989 gibt es keine Hoffnung mehr. In China besteht heute unter der Herrschaft einer sogenannten kommunistischen Partei eine kapitalistische Mischwirtschaft. Viele Linke haben sich mit dem Kapitalismus arrangiert.

 

Grüne und Umweltschützer erlebten eine ähnliche Enttäuschung. Seit 1972, als „Die Grenzen des Wachstums“ (erster Bericht an den Club of Rome) veröffentlicht wurde, hatte keine einzige Regierung etwas unternommen, um die Wachstumsspirale zu stoppen, im Gegenteil. In den frühen 80-er Jahren verfielen alle Teile der Ökologiebewegung – dort, wo sie existiert hatten.

In der zweiten Hälfte der 80-er Jahre wurde für viele Grüne und Umweltschützer in Deutschland eine weitere Enttäuschung erlebbar: Die Grünen gaben alle radikalen Positionen auf und wurden zu kritiklosen Anhängern der Realpolitik, ihre politische Praxis beschränkt sich im Wesentlichen auf Lobbyarbeit.

Diese Situation hat große Verwirrung und Perspektivlosigkeit aufkommen lassen. Der „Sozialismus“ ist gescheitert, die radikale Ökologiebewegung hat nichts nennenswertes hervorgebracht, der Kapitalismus hat jedoch ebenfalls versagt und versagt ständig mehr. Diese Verwirrung muß beseitigt werden, und eine klare Perspektive muß sich auftun.

Die Schaffung einer einigermaßen guten Gesellschaft und einer ökologischen Ökonomie sind nicht mehr Stoff für Traumtänzereien, sondern Überlebensnotwendigkeit geworden.

 

Einige grundsätzliche Standpunkte:

Manche Radikalökologinnen und Protagonisten der ökosozialen Marktwirtschaft vertreten die Meinung, die Debatte müsse entideologisiert werden. Der Logik des Kapitalismus wohnt jedoch eine zwanghafte Logik zum Wachstum inne. In seiner Logik ist kein Platz für Gerechtigkeit, Brüderlichkeit, Gleichheit, Solidarität, Mitgefühl, Moral oder Ethik. Die Wahl zwischen Kapitalismus und Sozialismus ist daher nicht irrelevant geworden.

Saral Sarkars Grundaussage ist, daß eine wahrhaft ökologische Ökonomie nur in einer sozialistischen soziopolitischen Struktur funktionieren kann. Milton Friedmann, der berühmte prokapitalistische Wirtschaftswissenschaftler, sagte einmal: „Wäre die freie Marktwirtschaft nicht das effizienteste System, ich wollte sie trotzdem – wegen der Werte, die sie repräsentiert: Wahlfreiheit, Herausforderung, Risiko“. Der Ökokapitalismus wird nicht nur deswegen verworfen, weil er nicht funktionieren kann, sondern auch wegen seiner Werte: Ausbeutung, brutale Konkurrenz, Anbetung des schnöden Mammons, Profit und Gier als Leitmotive. Freiheit und Demokratie sind mit sozialistischen Werten durchaus vereinbar, nicht aber die sozialistischen Werte Gleichheit, Kooperation, Solidarität mit dem Kapitalismus. Der „Sozialismus“ ist tot, nicht aber der Sozialismus. Sozialismus hat Zukunft. Er muß allerdings zuerst die ökologische Lektion lernen.

 

Saral Sarkars These ist, daß der Sozialismus in der UDSSR und den osteuropäischen Ländern vor allem deshalb scheiterte, weil er an die Grenzen des Wachstums stieß. Es gibt zahlreiche Darstellungen der Umweltzerstörung und der Ressourcenprobleme.

Daneben gab es noch einen zweiten, wesentlichen Grund: Den kommunistischen Parteien der „sozialistischen“ Länder gelang es nicht, den „neuen Menschen“ zu schaffen, obwohl dieser eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg ihres Projekts war. Die Kommunisten wollten auch eine klassenlose, eine moralisch überlegene Gesellschaft. Sie scheiterten auch, weil dies ein sehr großes und sehr schwieriges Ziel war und ist.

Die Erfahrungen aus der UDSSR zu analysieren ist sehr wichtig. Denn viele der Probleme einer zukünftigen sozialistischen Gesellschaft zeigten sich schon in der sowjetischen Erfahrung, besonders in der Frühgeschichte. Die Kernziele müssen die Überwindung der ökologischen Krise und die Schaffung einer ausreichend guten menschlichen Gesellschaft sein. Hierfür ist ganzheitliches, vernetztes Denken erforderlich. Nach dem Ende der kommunistischen Bewegung – die ein zusammenhängendes, ganzheitliches Phänomen war und die eine umfassende Theorie, Analyse, Programmatik und Strategie hatte – gerieten die großen, zusammenhängenden Ziele in Vergessenheit. Das Erreichen von Teilzielen mit einander widersprechenden Forderungen und Programmen wurde zum Hauptzweck. Wir brauchen also eine umfassende Theorie, eine umfassende Analyse. Und wir brauchen eine umfassende Bewegung. Alles hängt mit allem zusammen. Es stellt sich die Frage: Können wir in unserem Denken global und holistisch sein und gleichzeitig Lokalpatrioten oder Aktivisten von Ein-Punkt-Bewegungen? Bei vielen Problemen müssen wir lokal handeln, weil wir einfach an einem bestimmten Ort leben und arbeiten. Politiken und Programme unserer lokalen Handlungen müssen jedoch vom Prinzip und Ideal der einen Welt durchdrungen sein.

Der Kapitalismus entwickelte die Produktivkräfte, der „Sozialismus“ fesselte sie. Beides widersprach vollkommen den marxistischen Paradigmen. Wir brauchen eine Erklärung dafür ebenso wie für den totalen Zusammenbruch der „sozialistischen“ Gesellschaften, mit oder ohne marxistischer Theorie. Die marxistische Erwartung, daß der entwickelte Kapitalismus an seinen inneren Widersprüchen zusammenbrechen wird, ist bis heute nicht eingetreten, weil dort die Grenzen des Wachstums noch nicht erreicht sind.

Viele Vision des Fortschritts beschreibenn eine hochtechnologische, superindustrialisierte Gesellschaft. Im Gegensatz dazu beschäftigen sich diejenigen, die das Grenzen-des-Wachstums-Paradigma akzeptiert haben, eher mit Fragen des Überlebens, mit der Rettung der Lebensgrundlagen.

Zurück zum Anfang

Nachhaltigkeit:

Eine Gesellschaft ist nur dann nachhaltig, wenn sie so strukturiert ist und sich so verhält, daß sie über alle Generationen existenzfähig bleibt. Daher kann eine Wirtschaft letzten Endes und theoretisch nur nachhaltig sein, wenn sie vollständig auf erneuerbaren Ressourcen basiert. Eine weitere Bedingung ist, daß nicht mehr verbraucht wird, als im gleichen Zeitraum wieder regeneriert bzw. wieder produziert wird.

Logischerweise kann also eine nachhaltige Wirtschaftsweise keine industrielle sein, denn diese basiert ganz wesentlich auf nicht erneuerbaren Ressourcen. Mit etwas weniger Rigorosität kann man sagen, daß nicht erneuerbare Ressourcen nur dann verbraucht werden, wenn es absolut notwendig ist. Bedingt durch die großen Vorräte bzw. die Recyclingfähigkeit können bei Eisen, Aluminium und Kohle Ausnahmen gemacht werden.

Wenn die Bevölkerungszahl nicht sinkt, wird die Pro-Kopf-Verfügbarkeit von Ressourcen sehr viel geringer sein als heute. Wir sehen aber, daß die Weltbevölkerung kontinuierlich wächst. Der wichtigste Beitrag der Dritte-Welt-Länder sollte daher ein rasches Ende des Bevölkerungswachstums sein, während der Beitrag der Industrieländer in einer drastischen Verminderung des Ressourcenverbrauchs bestehen müßte. Dies ist in ausreichendem Maße ohne deutliche Steigerung der Arbeitsintensität und spürbare Reduzierung des materiellen Lebensstandards in den Industrienationen nicht erreichbar. Das Ziel der nachhaltigen Gesellschaft besteht aus sechs konkreten Zielen:

 

1.         Die Wirtschaft muß nachhaltig gemacht werden

2.         Akute Armut muß überwunden beziehungsweise verhindert werden

3.         Alle arbeitsfähigen Menschen müssen sinnvolle Arbeit finden

4.         Soziale Sicherung muß für diejenigen garantiert werden, die zu alt, zu jung oder zu krank zum Arbeiten sind

5.         Soziale und politische Gleichheit muß garantiert werden

6.         Wirtschaftliche Ungleichheit muß auf ein erträgliches Maß reduziert werden.

 

Wie viel und welche Art von Freiheit und Demokratie im Rahmen der Versuche, diese Ziele zu erreichen, möglich sein würde, hinge davon ab, wie schwierig die ganze Aufgabe wäre. Wir müssen Hegels Diktum „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit“ akzeptieren.

Auf manche Fragen werden wir nie eine zufriedenstellende Antwort finden: wer wir sind, woher wir kommen, wohin wir nach dem Tode gehen, was der Sinn des Lebens ist und so weiter. Was wir tun können, zumindest versuchen sollten, zu tun, ist das Zweitbeste: unser Leben, unsere Gesellschaften und unsere Welt so gut gestalten, wie wir können. Manche Übel und Leiden in der Welt können nicht beseitigt werden, viele andere aber doch. Vielleicht sind Menschen nur eine weitere Tierart, nichts mehr, nichts besseres. Wir wissen das aber noch nicht zweifelsfrei. Vielleicht hat die Gattung Mensch doch zumindest das Potential, eine annehmbar gute Gesellschaft zu bilden, auch wenn vieles auf das Gegenteil hinweist. Die „großen Seelen“ – Gandhi, Jesus, Buddha, Tolstoi, Thoreau und andere -. sind Beweise für dieses Potential. Darum müssen wir darauf beharren: Noch kein Aufgeben!

 

Zurück zum Anfang

Öko-Sozialismus:

Alter Wein in einer grünen Flasche oder neuer Wein?

Saral Sarkar ist nicht der erste, der den Begriff „Öko-Sozialismus“ verwendet. Viele Linke haben ihn verwendet, um ihren Sozialismus mit ihrer kürzlich entstandenen Sorge um die ökologische Nachhaltigkeit der Wirtschaft zu kombinieren. Aber die Integration beider Bestandteile ist häufig nicht überzeugend. Das Problem, das die meisten Linken mit ökologischen und Ressourcenkrisen haben, ist ziemlich alt. Wenn auch inzwischen bei vielen die Grenzen des Wachstums akzeptiert werden, so ist dies doch mit der Hoffnung verbunden, „daß ein Teil der verfügbaren Arbeitskraft ausreiche, um den Gesamtbedarf der Bevölkerung zu decken...“(Gorz 1981). Gorz machte deutlich, daß er diese Steigerung der Wirksamkeit des Produktionsapparates von der Mikroelektronik und der Automation erwartet. Moderne Ausrüstungen sollen sowohl Investitionen und Arbeitskraft als auch Rohstoffe, insbesondere Energie einsparen. Offensichtlich glaubte Gorz an Wunder. Ein PC erfordert, bedingt durch die vielen hochreinen Materialien, einen Materialdurchsatz von 15 bis 19 Tonnen, das ist nur unwesentlich weniger als bei einem PKW. Der Materialdurchsatz, den Industrieroboter und Automation erfordern, muß auch sehr hoch sein. Diese erfordern auch im Betrieb viel Energie, da hier menschliche Arbeitskraft durch Maschinen ersetzt wird.

 

Einige Versuche, den Marxismus hinsichtlich des doppelten Problems der ökologischen Krise und der begrenzten natürlichen Ressourcen weiterzuentwickeln, sollen hier erwähnt werden (vgl. Deláge 1994): Dieser kritisiert Marx, weil er eine Werttheorie vorgelegt habe, welche Arbeit als einzige Quelle von Wert erachtet und „natürlichen Ressourcen keinen intrinsischen Wert beimißt“.

James O´Conner schreibt: “Marx schrieb wenig über die Weise, wie sich das Kapital durch Beeinträchtigung seiner eigenen sozialen und ökologischen Zustände selbst begrenzt, dadurch die Kosten und Ausgaben für Kapital erhöht und dadurch wieder die Fähigkeit des Kapitals bedroht, Profite zu machen, das heißt droht, wirtschaftliche Krisen hervorzurufen.“

Diesen Theorien steht Saral Sarkar nahe.

Während O´Conner (aber nicht Deléage) von einem Widerspruch zwischen Kapitalismus und Ökologie spricht, denkt Saral Sarkar (und teilweise Deléage), daß ein Widerspruch zwischen jeglicher Art von Industriegesellschaft (heute auch Bevölkerungswachstum) und Ökologie besteht.

Vieles im Marxismus ist wahr und wertvoll, und das würde überleben und trotz der obrigen Schlußfolgerung nützlich sein. Saral Sarkar sieht es aber nicht als seine Aufgabe an, den Marxismus zu retten.

Radikalökologen kritisieren nicht das Festhalten der Sozialisten an den Idealen der Gleichheit, Gerechtigkeit, Klassenlosigkeit, Emanzipation und so weiter, sondern die Tatsache, daß sie die ökologische und die Ressourssenkrise nicht ernst nehmen. Aber es gibt eine Sozialismuskritik seitens der Radikalökologen, die falsch ist. Sandy Irvine hat Unrecht mit seinem Glauben, daß das „Versprechen einer frischen, aufregenden und relevanten Vision einer nachhaltigen Lebensweise“ in einer grünen Politik liegt, die „weder links noch rechts, sondern vorne“ steht.

Seitdem die meisten echten Sozialisten die Partei frustriert verlassen haben, ist die Politik mit „weder links noch rechts“ in der Tat treffend charakterisiert. Aber sie stehen nicht vorne. Sie sind nicht mal mehr eine Ökopartei. Ihren Äußerungen nach sind sie eine öko-kapitalistische Partei, in Wahrheit aber verfolgen sie eine neoliberale Politik. Sie sind voll innerer Widersprüche, die aus der Tatsache resultieren, daß sie Angst haben, den Wählern harte ökologische Wahrheiten zu sagen.

 

Saral Sarkar glaubt, daß eine Fusion von Rot und Grün nicht nur möglich, sondern notwendig ist. Natürlich muß der Sozialismus erst die ökologische Lektion lernen, aber das ist möglich. Schließlich sind Sozialismus und marxistischer (geschweige denn leninistischer oder stalinistischer) Sozialismus nicht identisch. William Morris, die utopischen und die anarchischen Sozialisten und viele andere hatten unterschiedliche Konzeptionen.

In einer oberflächlichen Form kann ökologische Politik problemlos integraler Bestandteil der jetzigen Weltwirtschaftsordnung werden.

Ein Beispiel ist die 300 Hektar große Finca Irlandia in Chiapas, Mexiko. Sie produziert „biologisch-dynamischen“ Kaffee (fair trade), für den umweltbewußte Verbraucher einen höheren Preis bezahlen. Zur Erntezeit aber werden die meisten PflückerInnen aus Guatemala geholt, da nicht einmal die armen MexikanerInnen die niedrigen Löhne (Akkordsätze, die nur zwischen einem Drittel und der Hälfte des mexikanischen Mindestlohnes einbringen) und die harten Arbeitsbedingungen ertragen.

Es sind nicht nur Ideale, sondern konkrete Notwendigkeit, die zur Synthese von Sozialismus und Radikalökologie zwingt. Ohne Planung wird ein geordneter Rückzug vom heutigen Wahnsinn überhaupt nicht möglich sein.

Hier die Zusammenfassung der wichtigsten Argumente für den Ökosozialismus:

 

1.         Nicht nur die Wirtschaften der Welt, sondern auch die Gesellschaften müssen nachhaltig werden. Unnachhaltige Gesellschaften – solche, die von Krieg, Bürgerkrieg, sozialen Konflikten, Chaos, Korruption, Kriminalität heimgesucht werden – erleben eine Beschleunigung von Umweltzerstörung und Ressourcenraubbau, die auch sonst aus unseren gegenwärtigen wirtschaftlichen Aktivitäten resultieren.

2.         Um Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen die industriellen Wirtschaften schrumpfen, mit dem Ziel, den Steady-State zu erreichen.

3.         Diese Schrumpfung erfordert die Akzeptanz eines niedrigeren Lebensstandards als des heutigen, was aber nicht niedrigeres Niveau des Glücksgefühls bedeuten muß.

4.         Ein niedriger Lebensstandard kann von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert werden, wenn die Opfer proportional getragen werden, und zwar nach dem Prinzip der Kapazität, Opfer zu bringen, wie im Fall der progressiv steigenden Einkommenssteuer.

5.         Gleichheit ist das beste Mittel, in der Bevölkerung die Akzeptanz für eine Politik der wirtschaftlichen Schrumpfung zu erreichen. Gleichheit wäre auch erforderlich – sowohl in der Periode der Schrumpfung als auch im Steady-State auf niedrigem Niveau – für die Fähigkeit einer Gesellschaft, erstens ein gewisses Minimum an Waren und Dienstleistungen für alle zu garantieren und, zweitens, einer Eskalation sozialer Konflikte vorzubeugen.

6.         Der Rückzug muß geplant und geordnet sein. Ein ungeordneter Rückzug würde zu Chaos und Zusammenbrüchen führen. Die Planung muß umfassend sein, mit Preiskontrollen, nicht bloß die Indikativ- oder Rahmenplanung, welche Marktsozialisten vorschlagen.

7.         In Ländern mit einer wachsenden Bevölkerungszahl ist die wichtigste und dringendste Aufgabe, das Bevölkerungswachstum zu stoppen, wofür staatliche Aktionen notwendig sind.

8.         Ein moralisches Wachstum, eine moralische Wirtschaft und Gesellschaft, sind notwendig, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Dies ist nicht möglich im Rahmen des Kapitalismus, gleich welcher Art. Dies ist möglich, wenn auch nicht garantiert, in einem sozialistischen Rahmen, weil Sozialismus ein moralisches Projekt ist.

 

Die Entwicklung der Produktivkräfte im herkömmlichen (auch marxistischen) Sinn führt zu einer Steigerung des Materialdurchsatzes, was weitere Umweltbelastung und gesteigerten Ressourcenabbau verursacht. In der Tat müßten eigentlich große Teile der heutigen Produktivkräfte außer Kraft gesetzt werden, wenn das Ziel der Nachhaltigkeit verfolgt werden soll. Aber eine Änderung der Produktionsverhältnisse ist möglich.

Saral Sarkar stimmt völlig mit Otto Ullrich überein, wenn dieser schreibt: „Es gibt keine untere Grenze der Produktivkraftentfaltung, die den Sozialismus möglich macht, sondern eine obere Grenze. Das Industrialisierungsniveau, das heute von der BRD oder DDR erreicht worden ist, erzeugt über die Technologie eine Sozialstruktur, die ein sozialistisches Verhältnis der Menschen zueinander von der Sache her vereitelt“.

 

Zurück zum Anfang

Bedürfnisse

Abgesehen davon, daß der Begriff „arm“ relativ ist, hängt Armut bzw. Wohlstand von mehr Faktoren ab als nur von der Höhe des BSP. Die folgende Gleichung, die Umweltschützer häufig benutzen, um die Ursachen der Umweltdegradation zu erklären, ist in diesem Zusammenhang nützlich:

 

Umweltlast = Bevölkerung * Wohlstand * Technologie

 

Die Gleichung besagt unter anderem, daß Wohlstand bei konstanter Umweltbelastung und Technologie von der Bevölkerung abhängt. Ein anderer wichtiger Faktor ist die Qualität der Verteilung. Ein dritter Faktor ist das Ausmaß von gesellschaftlichem Verbrauch. So kann eine Gesellschaft ihre Armut bzw. ihren Wohlstand weitgehend selbst bestimmen.

Marshall Sahlins, der die Wirtschaft der Jäger und Sammler intensiv studiert hat, schreibt in einem Aufsatz „Die ursprüngliche Überflußgesellschaft“:

„...es gibt zwei mögliche Wege zum Wohlstand. Bedürfnisse können durch hohe Produktion, aber eben auch durch wenig Begehren leicht befriedigt werden. ... Wenn ein Volk sich die Zen- Strategie zu eigen macht, kann es einen beispiellosen materiellen Überfluß genießen- bei einem niedrigen Lebensstandard.

Vorkoloniale Jäger und Sammler lebten mitten in reichen Fisch-, Jagd- und Sammelgründen; ihre Population war stabil oder wuchs sehr langsam; und sie konnten (vorübergehend) in ähnlich reiche Gründe abwandern, an denen es damals keinen Mangel gab.

Bedürfnisse müssen innerhalb der Grenzen der Nachhaltigkeit bleiben. Das sollte nicht schwierig sein. Denn „die Bedürfnisse, die unbedingt erfüllt werden müssen, damit ein Mensch überleben kann, sind sehr gering, in der Zahl und im Niveau. Sie Beschränken sich auf Nahrung und liebevolle Zuwendung durch andere Menschen. Schon bei Kleidung und Behausung gibt es eine große Variationsbandbreite“ (Ullrich 1979: 102).

Aber das Problem mit den meisten Linken (sogar vielen, die sich Öko- Sozialisten nennen) ist, daß sie eine solche Haltung zu Bedürfnissen nicht akzeptieren können. Nicht nur für die menschliche Kraftentwicklung, die als Selbstzweck gilt, sondern auch für die moderne Konzeption von Emanzipation glauben sie, unbedingt einen gewissen Materiellen Wohlstand als Basis haben zu müssen.

Pepper schreibt: „Der Öko- Sozialismus würde die Bedürfnisse ändern, wobei er Reichtum umdefinieren würde – so wie William Morris es mit seinen verschiedenen Ansätzen tat, welche auch eine „unterste Linie“ vernünftigen materiellen Wohlergehens für alle beinhalten.“ Die entscheidende Frage ist hier, was unter dem Begriff unterste Linie verstanden wird. Saral Sarkar befürchtet, daß nach seinen Erfahrungen in Europa und der Mittelklasse in Indien zumindest der durchschnittliche Lebensstandard eines europäischen oder nordamerikanischen Facharbeiters der neunziger Jahre verstanden wird. Er kritisiert, daß Pepper Autofahren und Telekommunikation für vernünftige materielle Bedürfnisse hält, die befriedigt werden können – für alle Menschen auf der Welt.

Aber es gibt ein grundsätzliches Problem mit dem Begriff „unterste Linie“:

„Dieses System wird immer zu arm sein für den Kommunismus...Was vorgestern Radio war, war gestern der Schwarzweiß- Fernseher, ist heute das Farbgerät und wird morgen die dreidimensionale Bildprojektsionsanlage sein.“ (Ullrich 1979)

Der Begriff der untersten Linie und die positiv angesehene Erwartung, daß Bedürfnisse in sozialistischer Entwicklung immer anspruchsvoller und reicher werden würden, kollidieren zwangsläufig mit der Notwendigkeit der Nachhaltigkeit. Wissenschaftlicher Sozialismus heute muß die Tatsache der Grenzen des Wachstums akzeptieren, muß das Entrophiegesetz akzeptieren, oder er wird nicht wissenschaftlich sein.

 

Zurück zum Anfang

Arbeitslosigkeit, Vollbeschäftigung

Im Öko- Sozialismus gäbe es kein Arbeitslosigkeitsproblem. Erstens würden arbeitsintensive Technologien bevorzugt, nicht nur, um Arbeitsplätze zu schaffen, sondern auch, weil solche Technologien den Ressourcenverbrauch reduzieren und mithin die Umwelt weniger belasten. Zweitens gäbe es auch in einer Steady- State- Wirtschaft auf niedrigem Niveau viel notwendige Arbeit zu tun. Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnraum und Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitswesen, Postwesen usw. müssen produziert werden. Dies würde viel Arbeit erfordern, die gleichmäßig auf alle, die arbeiten können, verteilt würde.

Drittens würde eine öko- sozialistische Regierung einen Kurs der Stabilisierung und dann der Reduzierung der Bevölkerungszahl verfolgen.

Viertens sind umweltverträgliche Technologien – wie Reparatur, Recycling, Wiederverwendung, Unkraut jäten statt Pestizide gebrauchen – alle arbeitsintensiv.

Arbeitsintensive Technologien sind auch sozial heilsam. In kapitalistischen Industriegesellschaften wird ein großer Teil der sozialen Probleme – weit verbreitete Kriminalität, Korruption, soziale Unruhen, Gewalt und psychische Misere – direkt oder indirekt durch Arbeitslosigkeit in großem Ausmaß verursacht. Eine sozialistische Regierung sollte also arbeitsintensive Technologien auch dann fördern, wenn es keine ökologische oder ressourcenbezogene Notwendigkeit dafür gäbe – einfach um die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Aus diesem Grunde sollte eine Regierung, erst recht eine sozialistische, ernsthaft über die Vor- und Nachteile der Arbeitszeitverkürzung als Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nachdenken.

 

Zurück zum Anfang

Soziale Sicherheit, Bevölkerungskontrolle

Sozialhilfe, die verhindern soll, daß Arbeitslosigkeit zur privaten Katastrophe wird, wäre nicht gut für eine öko- sozialistische Gesellschaft. Außerdem wäre weder eine schrumpfende noch eine Steady- State- Wirtschaft auf niedrigem Niveau in der Lage, zusätzlich zu Kindern, Kranken, Alten und Gebrechlichen auch noch eine große Zahl von arbeitsfähigen nichtarbeitenden Erwachsenen zu unterhalten.

Es ist auch nicht ehrenhaft, von der eigenen Gesellschaft den Lebensunterhalt ohne Gegenleistung zu verlangen. Darum wäre in einer öko- sozialistischen Gesellschaft ein garantiertes Mindesteinkommen ohne Arbeitspflicht nicht wünschenswert. Aus all diesen Gründen wäre die Garantie einer bezahlten und sozial nützlichen Arbeit eine angemessenere Form sozialer Sicherheit. Selbstverständlich müßte das Aufziehen von Kindern und die Pflege von pflegebedürftigen Personen als gesellschaftlich nützliche Arbeit erachtet werden, auch wenn solche Arbeit zu Hause stattfände und von nahen Verwandten verrichtet würde.

Es ist bekannt, daß für arme Menschen in den meisten Dritte- Welt- Ländern Kinder, vor allem Söhne, die Hauptquelle der Altersversorgung sind. Im mikroökonomischen Sinne erscheint es daher rational, viele Kinder zu haben. Um im Alter zwei Söhne zu haben, muß ein Ehepaar durchschnittlich fünf Kinder zur Welt bringen. Dieser Teufelskreis verursacht einen makroökonomischen Schaden.

Eine öko- sozialistische Regierung würde in der Übergangsperiode als Gegenleistung für die Beschränkung auf zwei Kinder eine Altersversorgung für die Armen garantieren, die, die nicht arm sind, müssen Beiträge in einen Altersversicherungsfonds zahlen.

Eine öko- sozialistische Regierung würde keinen Zwang, geschweige denn Gewalt gegen die Armen anwenden, und sie müßt das Problem der Altersversorgung sowieso lösen. Diese Politik wäre auch ein Mittel, eine Umverteilung von oben nach unten zu bewirken.

Das Mindestalter für Heirat würde gesetzlich auf, beispielsweise, 21 Jahre erhöht werden, um zu verhindern, daß Kinder Kinder produzieren. Mit verschiedenen Methoden der Empfängnisverhütung müßte die Befriedigung jugendlichen sexuellen Verlangens kein Problem darstellen.

Anders als Imperialisten und Ideologen des Kapitalismus glauben Öko- Sozialisten nicht, daß Bevölkerungswachstum der einzige Grund für Armut und Umweltzerstörung ist. Sie wissen, daß Kapitalismus, Imperialismus, Ausbeutung, Unterdrückung und Überkonsum von Ressourcen durch die Völker des Nordens die Hauptursachen sind.

Aber anders als viele Feministinnen, traditionelle Linke und Dritte- Welt- Soli- Aktivisten denken Öko- Sozialisten nicht, daß das Bevölkerungswachstum ein zu vernachlässigender Faktor ist. Die Regierung sollte den Bürgern schon in der Übergangsperiode mitteilen, daß nicht bloß die Stabilisierung, sondern die Reduzierung langfristiges Ziel ist.

 

Zurück zum Anfang

Gleichheit, Ungleichheit, Klassenunterschiede

Saral Sarkar legt dar, welch große Schwierigkeiten die Bolschewiki mit der Verwirklichung ihres Ideals von der Gleichheit der Löhne und Gehälter hatten. Diese Schwierigkeiten entstanden aufgrund des großen Wertes, der auf Produktions- und Produktivitätssteigerung gelegt wurde, und aufgrund der schnellen Industrialisierung. Im Öko- Sozialismus wäre die Wirtschaftspolitik das Gegenteil davon. Einkommensgleichheit wäre nicht nur ein Ideal, sondern auch eine Notwendigkeit. Die Frage ist, ob im Öko- Sozialismus Gleichheit perfekte Gleichheit oder eine im Vergleich zu heute stark reduzierte Ungleichheit bedeuten sollte.

Die Zeitung Die taz zahlte allen – den ArbeiterInnen sowie den RedakteurInnen und den ManagerInnen – den Einheitslohn. Nach etwa zehn Jahren wurde dies aus zwei Gründen abgeschafft. Die RedakteurInnen und die „leitenden“ Angestellten mochten es nicht, daß die ArbeiterInnen die gleichen Entscheidungsrechte hatten, und sie konnten nicht wirklich die gleichen, niedrigen Löhne der taz akzeptieren. So gingen viele, sobald sie bessere Angebote bekamen. Das schaffte für die taz das permanente Problem, neue Journalisten zu finden. Die besseren Angestellten der taz konnten aber nur deshalb bessere Angebote bekommen, weil es rund um die taz eine hoch entwickelte und wachsende Wirtschaft gab. Die Situation im Öko- Sozialismus wäre die umgekehrte. Die Situation innerhalb der taz ist relevanter. Sie hatte eine niedrige Auflage, keine nennenswerten Werbeeinnahmen und eine prekäre Kapitalbasis. Sie konnte einfach keine guten Löhne zahlen. Arbeitslose oder unerfahrene Journalisten akzeptierten die niedrigen Löhne, weil sie keine besseren Chancen hatten.

Ich denke, in einer öko- sozialistischen Gesellschaft wäre die Situation ähnlich. Wirtschaftlich wäre sie nicht in der Lage, höhere Löhne zu zahlen, und politisch wäre es nicht möglich, Löhne unter einem gesellschaftlich akzeptablem Minimum zu zahlen. Trotzdem gäbe es die Wahl zwischen perfekter Gleichheit und stark reduzierter Ungleichheit.

Diejenigen, die schwere und unangenehme Arbeit verrichten würden, könnten höhere Löhne erhalten oder müßten weniger Stunden arbeiten. Idealistischer, aber weniger praktisch wäre es, daß jeder eine gewisse Menge schwerer und unangenehmer Arbeit leisten muß. Menschen, die unvermeidlich länger arbeiten müßten, könnten auch höhere Löhne bekommen.

Aber nach Menschen mit hohen akademischen Qualifikationen und hohen intellektuellen oder technischen Fähigkeiten gäbe es einfach nicht viel wirtschaftliche Nachfrage, da ja hauptsächlich arbeitsintensive und mittlere Technologien benutzt würden. Ein Doktor der Philosophie oder ein Diplomphysiker müßten sich vielleicht um eine einfache Bürostelle bei der Eisenbahn bewerben und könnten wegen schlechter Handschrift abgelehnt werden.

In der oben beschriebenen Situation ist es möglich und wahrscheinlich, daß Klassenunterschiede allmählich verschwinden würden. Natürliche Begabungen. – wie die von Musikern, Künstlern, Dichtern, Mathematikern, Erfindern usw. müssen gefördert werden. Aber die Besitzer solcher Talente würden keine höheren Einkommen haben. Hohe Intelligenz wäre auch nicht notwendig, den Staat und die Wirtschaft zu führen, da ja alles einfacher strukturiert wäre. Die Gefahr, daß in einer zukünftigen öko- sozialistischen Gesellschaft die Intelligenzija zu einer neuen Klasse würde, ist also nicht sehr hoch.

Nachhaltigkeit einer Gesellschaft auf der Makroebene könnte wohl nicht garantieren, daß solche Phänomene auf der Mikroebene (bei zwischenmenschlichen Beziehungen zu Hause, am Arbeitsplatz usw.) automatisch verschwinden. Das wäre eine kulturelle Aufgabe für SozialistInnen, die durch soziale Bewegungen erfüllt werden müßte.

 

Zurück zum Anfang

Das Motivationsproblem

Da der Öko- Sozialismus kein Marktsozialismus sein würde, müßte ausgeschlossen werden, daß die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes, Eigennutz, das Risiko, Verluste zu machen oder Bankrott zu gehen, und so weiter als Motivationsquellen fungieren würden. Die materiellen Anreize, die in der UDSSR verwendet wurden, müßten ebenfalls ausgeschlossen werden, weil in einer schrumpfenden oder Steady- State- Wirtschaft auf niedrigem Niveau einigen Arbeitern nur mehr bezahlt werden könnte, wenn anderen weniger bezahlt würde. Das wäre das Ende des Sozialismus.

Revolutionärer Enthusiasmus bzw. revolutionäres Bewußtsein wie in den ersten Jahrzehnten der UDSSR ist auch nicht zu erwarten. Erstens würde nicht wie in der UDSSR versucht werden, ganz schnell eine blühende, hoch entwickelte Wirtschaft aufzubauen. Vielmehr würde allmählich eine wohlhabende, blühende Wirtschaft abgebaut, zumindest in der Ersten Welt. Die Mehrheit der Bevölkerung würde dies als Notwendigkeit akzeptieren), wäre aber höchstwahrscheinlich nicht begeistert. Zweitens würden die Öko- Sozialisten vermutlich nicht durch eine Revolution an die Macht kommen.

Was bleibt noch als Möglichkeit? Sogar eine öko- sozialistische Steady- State- Wirtschaft auf niedrigem Niveau würde nicht ohne ehrliche und effiziente Arbeit funktionieren. Im Öko- Sozialismus wären wirtschaftliche Aktivitäten weitgehend dezentralisiert und überschaubar, die Produktionseinheiten klein und die örtlichen Gemeinschaften weitgehend klein und selbstverwaltend. Darum würde der Wohlstand und das Wohlergehen sichtbar von ehrlicher und effizienter Arbeit von jedem abhängen. Natürlich könnte es immer noch faule und korrupte Mitarbeiter geben, aber diese würden als solche erkannt werden. Kurz, statt hierarchischer Kontrolle durch Arbeitgeber gäbe es soziale Kontrolle, die wahrscheinlich effektiver sein würde.

In einem solchen Kontext würde ehrliche Arbeit die normale Erwartung werden, ohne die individuell produzierten Stücke zu zählen. „Jeder nach seinen Fähigkeiten...“ könnte dann Wirklichkeit werden. Saral Sarkar glaubt, daß die Hoffnung von Marx und den Marxisten, daß im Kommunismus Arbeit „selbst das erste Lebensbedürfnis“ sein würde, nicht zu absurd ist. Nach seiner Beobachtung fühlen sich Menschen trotz ausreichender Sozialleistungen ohne Arbeit erbärmlich und sind glücklich, wenn sie einer unbezahlten, aber sinnvollen Arbeit nachgehen. Warum sollte es also keine realistische Erwartung sein, daß Menschen in einer echten öko- sozialistischen Gesellschaft, in der sie nicht ausgebeutet werden und alles der Gemeinschaft gehört, noch ehrlicher und bereitwilliger arbeiten würden als in einer kapitalistischen Gesellschaft?

 

Zurück zum Anfang

Wirtschaft, Staat, Planung

Eine schrumpfende Wirtschaft benötigt Planung und könnte, anders als Pläne für Wachstum, nur durch einen starken Staat durchgeführt werden. Solche Pläne, auch wenn sie demokratisch legitimiert sind und von den sozialen Bewegungen unterstützt werden, müssen gegen den starken Widerstand derer, die viel zu verlieren hätten, durchgesetzt werden.

In der Übergangsperiode wäre die wichtigste Frage, was mit den Unternehmen geschehen soll, die schließen oder ihre Produktion reduzieren müssen. Bei einer schrumpfenden Wirtschaft könnten richtige Kompensationszahlungen gar nicht in Frage kommen. Bei kleineren Unternehmen könnte der Staat den Besitzern eine Pension oder Arbeit in der verbleibenden Wirtschaft geben. Arbeitszeitverkürzung oder Jobsharing könnten notwendig sein.

Für Schulökonomen wäre der Schrumpfungsprozeß eine schlimmer werdenden Rezession und der Staedy- State auf niedrigem Niveau eine Krise ohne Ende. Stellen wir uns vor, was geschähe, wenn in einer solchen Situation Betriebe nicht verstaatlicht bzw. sozialisiert würden, an der Notwendigkeit hierzu besteht kein Zweifel. Aufgrund der Planung könnten die verbleibenden Unternehmen natürlich alles verkaufen, was sie produzieren dürfen. Aber das Profitvolumen und die Profitrate würde bedingt durch die festgesetzten Preise kontinuierlich sinken, bis der Staedy- State erreicht ist. Kapital im finanziellen Sinne - auch investiertes Kapital – würde weitgehend zerstört. Die Preise der Aktien würden drastisch fallen und kaum noch Käufer finden.

Wenn der Schrumpfungsprozeß abgeschlossen ist, wäre es sehr viel einfacher, die Wirtschaft zu planen und zu managen – wenn auch nur, weil das Produktionsvolumen und die Vielfalt der Güter und Dienstleistungen um einen Faktor 10 (in der Ersten Welt) gesunken wäre.

Planung, Management und Kontrolle auf der Ebene der lokalen Gemeinschaften sind möglich und sie wären notwendig, wenn ein hoher Grad an lokaler Selbstversorgung ein Ziel ist. Die Partizipation der Betroffenen am Planungs- und Managementprozeß wäre dann möglich, wenn auch nicht oberhalb dieser Ebenen. Auch das Eigentum an Produktionsmitteln kann dezentralisiert werden. Wenn ein bestimmter Grad an privatem Unternehmertum gestattet wird, könnte der Staat einige Produktionsmittel (aber kein Land) verpachten oder auch verkaufen. Eigentum, das kein Produktionsmittel ist, könnte zu Beginn der Übergangsperiode im Besitz des Eigentümers belassen werden. Aber nach dem Tode würde solches Eigentum an die Gesellschaft oder den Staat übergehen.

 

Zurück zum Anfang

Privates Unternehmertum?

Es ist klar, daß in einer öko- sozialistischen Gesellschaft die Ausbeutung von Menschen durch den Menschen und die Konkurrenz unter arbeitenden Menschen um Profit oder höheres Einkommen in keinem Fall zugelassen werden darf. Obwohl dezentrale Planung besser funktionieren würde als zentrale, wäre es immer noch schwierig, die Aktivitäten einer großen Zahl von kleinen wirtschaftlichen Einheiten wie Restaurants, Taxis, Fahrradrikschas, Detailgeschäften, Schneidereien und anderen handwerklichen Werkstätten zu planen, lenken und kontrollieren.

Eine öko- sozialistische Regierung könnte private Unternehmen zulassen, wenn diese auf der Arbeit einer Person, deren Ehepartners und deren erwachsener Kinder beruhen. Die Gründung einer echten Kooperative mit einer begrenzten Anzahl von Mitgliedern mit gleichen Rechten, die alle selbst dort arbeiten, könnte gestattet werden.

Da ihnen Rohstoffe, Zwischenprodukte und Ausrüstungsgegenstände durch die Planungsbehörde zugeteilt würden und vor allem weil die Wirtschaft eine Steady- State- Wirtschaft auf niedrigem Niveau wäre, gäbe es wenig Möglichkeiten, reich zu werden. Da kein Unternehmen expandieren dürfte, bewirkten höhere Nachfragen Neugründungen, niedrigere Nachfrage Schließungen derartiger Betriebe. In der UDSSR existierten ähnliche Möglichkeiten, und sie erwiesen sich als hilfreich.

Da Landwirtschaft überlebenswichtig ist, muß sie geplant werden. Aber sollen die Produktionseinheiten Kollektivfarmen, Kooperativen oder kleine Familienbetriebe sein? Saral Sakar favorisiert trotz der negativen Erfahrungen in der UDSSR die kollektive Landwirtschaft. Mit moralischem Wachstum, mit dezentraler Planung, viel Selbstversorgung und einer Stabilisierung der Bevölkerung sollten die negativen Aspekte aus der UDSSR vermieden werden können. Die harten Lebensbedingungen von Bauern und deren Familien, die schlechte Auslastung der Maschinen und die teilweise Notwendigkeit, die Ernte selbst zum Markt zu bringen, werden als Gründe gegen private Familienbetriebe und für kollektive Landwirtschaft angeführt. Familienbetriebe auf gepachtetem Land werden aber auch nicht ausgeschlossen.

In der Übergangsperiode und mehr noch im Staedy- State würde sich die Quantität der Ausrüstungen und Maschinen verringern, so daß Familienbetriebe diese mit anderen teilen müßten. Dies ist nicht sehr weit entfernt von kollektiver Landwirtschaft. Aber es müssen auch die wirtschaftlichen Nachteile sehr großer Einheiten und die Vorteile leichter zu lenkender kleinerer, überschaubarerer Einheiten in Erwägung gezogen werden.

 

Zurück zum Anfang

Verteilung, Markt, Rationierung

Marktsozialisten glauben, daß der Markt unentbehrlich ist.

„Denn nicht alle ökonomischen Prozesse sind planbar und in einer arbeitsteiligen Gesellschaft sind die Menschen nicht nur Produzenten, sondern sie bleiben Konsumenten, die hoffnungslos überfordert wären, jede alltägliche Konsumentscheidung als politischen Wahlakt artikulieren zu müssen.“ (Altvater 1992)

Nach Altvater kann Marx´ Vorstellung eines „Verein freier ‚Menschen“ „wenn es sich bei dem Verein um eine Massengesellschaft handelt“ nicht ohne Waren und Geld [also des Marktes] auskommen (ebd.). Nach Saral Sarkars Ansicht treffen diese Argumente aus folgenden Gründen nicht auf eine öko- sozialistische Gesellschaft zu:

 

            Eine solche Gesellschaft wäre keine Massengesellschaft

            Sie wäre natürlich demokratisch, aber nicht zu komplex

Die Menge, Sorten und Marken von Produkten, die den Konsumenten zur Verfügung stünden, wären im Vergleich zur heutigen Ersten Welt stark begrenzt

 

Altvaters Argumente sind richtig als Beschreibung einiger Schwierigkeiten, die eine Öko- Sozialistische Regierung zu Beginn der Übergangsperiode haben könnte. Aber während die Schrumpfung fortschreitet, würden die Schwierigkeiten immer weniger akut werden. Durch die abnehmende Menge von Konsumgütern könnte bei besonders begehrten Gütern eine Art Rationierung nötig werden, um eine gerechte Verteilung sicherzustellen und um dem Schwarzmarkt weitgehend den Boden zu entziehen. Der Schwarzmarkt würde die wichtigste Bedingung für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft konterkarieren, nämlich moralisches Wachstum.

In einer öko- sozialistischen Gesellschaft würde die Kultur der langlebigen Produkte, Wiederverwendung und Reparatur dazu beitragen, die durch niedrige Produktion hervorgerufenen Schwierigkeiten zu lindern. Eine öko- sozialistische Gesellschaft würde zweifelsohne nicht in der Lage sein, alle Verbraucherwünsche zu erfüllen. Aber viele Wünsche könnten durch Umfragen festgestellt werden, und die verbreitetsten unter ihnen könnten erfüllt werden.

 

Dritte Welt, Erste Welt, Internationalismus

Man könnte denken, daß, während die Wirtschaften der Ersten Welt schrumpfen, die der Dritten Welt in gewissem Grade entwickelt werden müßten. Das ist aber eine falsche Position, da man ja unter Entwicklung nichts anderes versteht als eine „nachhaltige“ industrielle Wirtschaft, die, wie im Kapitel vier gezeigt, einem schwarzen Schimmel gleichkommt. Große Teile der Dritten Welt sind bereits industrialisiert und haben damit die Grenzen der Nachhaltigkeit bereits überschritten.

Dennoch sollten und könnten öko- sozialistische Regierungen aus der Ersten Welt der Dritten Welt nicht mit Entwicklung, sondern bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeit helfen. Sie sollten helfen, weil niemand, der kein Internationalist ist, die Bezeichnung Sozialist verdient und weil nachhaltige Länder der Ersten Welt auf lange Sicht in große Schwierigkeiten geraten würden, wenn die Mehrheit der unnachhaltigen Länder zusammenbrechen würde.

Nordkorea und China wurden in den Siebzigerjahren oft als Beispiele für Länder erwähnt, die sich mit dem Ziel einer eigenständigen, industriellen Entwicklung vom Weltmarkt abkoppelten. Nordkorea erreichte dieses Ziel nicht, und China gab diese Politik auf. Der Grund ist einfach: Der mit wachsender industrieller Entwicklung steigende Hunger nach Kapital und Know- how erfordern die Teilnahme am Weltmarkt. Die öko- sozialistische Politik der Wirtschaftsschrumpfung würde diese Schwierigkeiten nicht haben.

 

Zurück zum Anfang

Kleine Einheit, große Einheit, Herrschaft, Demokratie

Klein ist eine notwendige Konsequenz aus allen anderen notwendigen politischen Grundsatzentscheidungen. Die Einheiten, die in jedem Dorf Joghurt produzieren, müssen klein sein. Die Größendegression ist das Hauptargument für industrielle Technologien mit ihren hohen Kapazitäten. Sie müssen groß angelegt und fast voll ausgelastet sein, nur dann sind sie anderen Technologien überlegen. Aber Öko- Sozialisten würden sich für arbeitsintensive, kostengünstige, mittlere Technologien mit niedriger Kapazität entscheiden.

In Industriegesellschaften hat sich das alte sozialistische Ideal der Kontrolle durch die Arbeiter in den Unternehmen bisher als unmöglich erwiesen. Diese Art von Produktion ist ohne eine Unterordnung der Arbeiter unter eine höhere Autorität unmöglich. Das war die Ansicht von Engels. Bei seinen Ansichten beschränkte sich Engels auf Autorität in der Großindustrie. Aber Ullrich denkt – und Saral Sarkar teilt seine Ansicht – daß dies auf alle Institutionen der Gesellschaft zutrifft. Alles was sehr groß ist, ist nicht leicht überschaubar, aus diesem Grund kann eine große Organisation nicht von den direkt betroffenen Menschen verwaltet werden (Ullrich 1979).

Je größer Wirtschaftseinheiten werden und je weiter die Arbeitsteilung fortschreitet, desto mehr werden Arbeiter zu bloßen Anhängseln immer komplexerer, höher entwickelter Maschinen. Ein solches Produktionssystem muß notwendigerweise hierarchisch, autoritär und zentralisiert sein. Hierarchien haben ihre eigene Dynamik, sie reproduzieren und verstärken sich und beschränken sich nicht auf die Industrie.

Eine sozialistische Gesellschaft sollte idealerweise eine „herrschaftsfreie Assoziation solidarischer Individuen“ sein. Allerdings zeigt sich hier ein signifikanter Unterschied zwischen dem Öko- Sozialismus der Übergangsperiode und dem Modell einer öko- sozialistischen Steady- State- Gesellschaft. Im Ersteren wäre ein starker Staat notwendig, um einen geordneten Rückzug gegen den Widerstand einer starken Minderheit durchzusetzen.

Aber ein starker Staat, auch wenn er demokratisch verfaßt wäre, stimmt nicht ganz mit dem Ideal der öko- sozialistischen Demokratie überein. Dieser Widerspruch muß in der Übergangsperiode ausgehalten werden. Wie genau dieser starke Staat aussähe und wie sein Verhältnis zum Prinzip Demokratie wäre, darauf wollen und können wir heute nicht eingehen. Auf diese Fragen die richtigen Antworten zu finden, ist die Aufgabe der zukünftigen Generationen, wenn es soweit ist.

 

Zurück zum Anfang

Öko- Diktatur?

Natürlich hoffen wir auf eine höhere Stufe der Demokratie, aber es gibt auch die Gefahr einer Diktatur. Da es nicht wirklich populär sein würde, die Wirtschaft schrumpfen zu lassen, dürfte es starken Widerstand geben. Anders als viele, die fürchten, Ökoradikale könnten die Errichtung einer Diktatur fordern, um die Umwelt zu schützen, glaube ich nicht, daß radikale ÖkologInnen so dumm sein könnten, nicht zu begreifen, daß ihr Ziel nur mit der Unterstützung der Mehrheit erreicht werden kann. Wenn Millionen von BürgerInnen entschlossen sind, für unmittelbaren Gewinn die Umwelt und die Ressourcen zu zerstören – wie das heute der Fall ist – könnte nicht einmal die Armee das verhindern.

 

Öko- sozialistische Politik für heute und morgen

Saral Sarkar glaubt, daß ihm die Synthese von Ökologie und Sozialismus gelungen ist und es dank ihm nun nicht mehr vorrangig um Analysen, Theorien und Spekulationen geht, sondern um die praktische Synthese konkreter ökologischer und sozialistischer Politik.

Bis die Ökologiebewegung aufkam, entstanden die meisten großen Bewegungen aus sozialen Problemen. In den früheren Epochen konnten in den Industriegesellschaften die meisten sozialen Probleme [zumindest teilweise] durch wirtschaftliches Wachstum gelöst werden. Aber mit dem Aufkommen der Ökologiebewegung hat sich die Situation vollständig verändert. Nicht nur, daß der Kuchen nicht wachsen darf, er muß schrumpfen. Nichts geringeres als die Fähigkeit der Industriegesellschaft, soziale Probleme zu lösen, muß angegriffen werden. Erstmalig in der Geschichte „verspricht“ eine soziale Bewegung einen niedrigeren Lebensstandard. Für heute und für die Zukunft besteht die revolutionäre Aufgabe darin, die Notbremse zu ziehen.

Radikale Sozialisten und Kommunisten können sich der öko- sozialistischen Bewegung anschließen. Aber Öko- Sozialisten hätten ein großes Problem. Sie könnten nicht mehr in der gleichen einfachen Weise für die materiellen Interessen der Arbeiterklasse eintreten wie bisher. Durch die Grenzen des Wachstums ist das Proletariat als weltweite Klasse mit Interessen, die mit denen der gesamten Menschheit identisch sind, mehr als nur in Frage gestellt. Warum sollen deutsche Arbeiter gleichen Lohn für Arbeiter auf den Bananenplantagen fordern, wenn dann die Bananenpreise explodieren? Arbeiter in der Ersten Welt haben mehr als ihre Ketten zu verlieren, nämlich ihren Wohlstand. Theoretisch kann man natürlich zwischen materiellen und hypothetischen „tieferen“ oder „wirklichen“ bzw. kurzfristigen und langfristigen materiellen Interessen differenzieren. Aber „wirkliche“ und „tiefere“ Interessen sind vage, und langfristig sind wir alle tot.

Das heißt, die Bewegung oder Partei muß darauf gefaßt sein, über Jahre hinweg von der großen Mehrheit der Wähler abgelehnt zu werden. Die Versuchung wäre groß, Analyse und Programme zu verwässern, um ein paar Sitze in den Parlamenten oder ein paar Ministerposten zu bekommen. Aber so erreichte „Erfolge“ würden die Partei verändern, wie sie die deutschen Grünen verändert haben. Sarah Sakral denkt, zurzeit sollte die Betonung nicht auf einer Partei, sondern auf einer Bewegung liegen. Das moralische Wachstum der Gesellschaft in der Gesamtheit, die Grundvoraussetzung des Erfolgs, muß das erste Ziel sein.

Die Bereitschaft, Luxus und Bequemlichkeit für einen einfachen Lebensstil zu opfern, muß erzeugt werden. Sie muß auf den Argumenten für Ökologie, Gleichheit, Solidarität und Nachhaltigkeit basieren. Die Bewegung muß auch für Vollbeschäftigung und soziale Sicherheit im Rahmen einer schrumpfenden Wirtschaft kämpfen. Wenn umweltschädliche und gesellschaftlich unnötige Betriebe geschlossen werden, soll sie dies nicht nur begrüßen, sondern fordern. Es muß offen und klar gesagt werden, daß die langfristige Lösung des Arbeitslosenproblems in arbeitsintensiven Technologien liegt.

Die Bewegung muß eine fortgesetzte Kampagne für einen gewissen Rückzug aus dem Weltmarkt und für einen gewissen Grad von Protektionismus durchführen. Was den reinen Binnenmarkt betrifft, muß die Bewegung fordern, daß der Staat das Kapital und den Markt stärker kontrolliert.

Erfahrene öko- sozialistische Aktivisten würden wissen, daß diese Forderungen nur Kompromisse sind, die den Kapitalismus nicht grundsätzlich in Frage stellen. Diese Kompromisse sind notwendig, weil die große Mehrheit der Bevölkerung noch keine öko- sozialistische Gesellschaft will. Sie würden sich aber trotzdem nicht scheuen, ihre langfristigen Visionen zu propagieren. Öko- Sozialisten würden auch nicht die Illusion haben, daß ihre Bewegung ausreichen würde, die Gesellschaft sozusagen von unten zu verändern. Sie würden wissen, daß es nicht irrelevant ist, wer die Macht hat.

Es ist unwahrscheinlich, daß die öko- sozialistische Bewegung allein in irgend einem kleinen Land erfolgreich sein könnte. 1917 war es für die Bolschewiki schwierig, die Revolution in dem riesigen Reich zu verteidigen. Bei der heutigen, gewaltig angewachsenen Interdependenz und Verflechtung würde ein kleines Land durch feindliche Mächte in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht werden – durch Boykotte, Handelsembargos und so weiter. Keine militärische Intervention wäre

hierzu nötig.

In großen Ländern wie Indien, Brasilien, den USA oder Australien dürfte es weniger schwierig sein. Aber die beste Strategie wäre, die Bewegung zuerst in großen Regionen wie Westeuropa zu festigen und nicht zu versuchen, vorher an die Macht zu kommen.

Bezüglich der revolutionären oder führenden Rolle der Arbeiterklasse müssen endlich alle Illusionen fallen gelassen werden. Es gibt überhaupt keinen besonderen Grund, warum ArbeiterInnen die Veränderungen des Öko- Sozialismus mehr unterstützen würden als Angestellte. Die Ersteren sind genau so konsumsüchtig und von Arbeitslosigkeit und ökologischer Degradation betroffen wie die Letzteren. Aufgrund ihrer großen Zahl sollten ArbeiterInnen eine entsprechend große, aber nicht unbedingt eine führende Rolle im Öko- Sozialismus spielen.

Erich Fromm kam zu dem Schluß, daß es heute „nur zwei Lager gibt: die Engagierten und die Gleichgültigen“ (Fromm 1982, 1979). Saral Sarkar stimmt dem völlig zu. Die Engagierten können in allen Klassen und Schichten gefunden werden – außer vielleicht bei den Unternehmern.

 

Zurück zum Anfang